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Glätten von Estrichen

Anerkannte Regeln des Fachs und Stand der Technik

Durch mehrere Reisen durch das Estrichland Deutschland sieht sich der Verfasser veranlasst hier zu diesem uralten Thema nochmals Stellung zu beziehen.

Die Oberfächenbehandlung eines frisch verlegten Estrichs
– meiner Meinung nach eines der Themen wo sich anscheinend die Estrichtechnologie am Meisten unterscheidet.
In der Nordhälfte der Republik wird schon seit Jahrzehnten die Estrichoberfläche vorbildlich maschinell geglättet, ebenso wie bei unseren Nachbarn in Österreich. Wobei sich die Südliche Region von Deutschland immer noch in großen Teilen mit dem Handglätten abmüht.

Dabei hat sich in den letzten Jahren in der Estrichtechnologie Einiges verändert. Die Maschinentechnologie setzt neue Maßstäbe. Die Hersteller von Estrichzusatzmittel kommen jährlich mit neuen Zusätzen auf den Markt, um die Estrichqualität zu verbessern.

Nur die Oberflächenbehandlung der Estriche tritt in Teilen Deutschlands auf der Stelle. Hier wird wie zu Urzeiten auf Knien mit Steigbrettern und Glättkelle der Estrich bearbeitet, zum Teil mißhandelt!

Die DIN 18353 Estricharbeiten (Abschnitt 3.2.6) sagt uns nur: Die Oberfläche von Estrichen ist abzureiben. Das bedeutet: Es ist eine offene, ansatzfreie, geriebene, ausreichend feste Estrichoberfläche zu erstellen. Wie dieses Ergebnis erreicht werden soll, bleibt dem Estrichleger überlassen.

Maschinell oder von Hand?

Sehr oft kommt beim sog. Handglätten noch hinzu das als letzter Arbeitsschritt der Estrich mit der Glättkelle bearbeitet, unweigerlich eine sehr dichte glatte Zementbindemittelschicht bildet die alles andere als eine einwandfreie Haftverbindung für nachfolgende Grundierungen, Spachtelmassen oder Kleber darstellt.

Diese sehr glatte, zum Teil porendichte Oberfläche gibt auch sehr oft Anlaß für Reklamationen, sei es durch Unebenheiten Kellenschläge oder labile absandende Oberflächen. Auch kann man davon ausgehen, dass durch die Anreicherung von Feinstteilen und Bindemittel an der Estrichoberfläche, die Belegreife des Estrichs gehemmt wird.

Da die oberste Randzone eines Estrichs im besonderen Maße durch Abtrocknung und Belastung strapaziert wird, ist es aus meiner Sicht nicht besonders förderlich die Estrichoberfläche mit einer angereicherten Zementbindemittelschicht durch Glätten mit der Glättkelle zu versehen. Bei dieser Art der Estrichherstellung wird die Austrocknung, das Schwindverhalten sowie das enstehen von Rissen nur negativ beeinflusst.

Aus Sachverständigen Sicht besteht natürlich die Frage, was ist denn nun Stand der Technik, oder zumindest Anerkannte Regel des Fachs?

In großen Teilen Deutschlands hat sich die Frage eigentlich von selbst beantwortet. Das maschinelle Glätten von Estrichen hat sich als anerkannte Regel des Faches durchgesetzt. Dies verdeutlichen am eindrucksvollsten die nachgewiesenen Haftzugswerte und Ebenheitsnivellements, die auch erhöhten Anforderungen genügen!

Das Glätten von Hand in Frage zu stellen sehe ich als keine Notwendigkeit an, da es doch einige Estrichleger gibt die in der Lage sind von Hand ähnliche Ergebnisse zu erzielen.

Jedoch das wie mit der Hand geglättet wird, darüber sollte es keiner weiteren Disskusion bedürfen.

Das Glätten mit Steigbrettern entspricht in keinsterweise dem Stand der Technik oder den anerkannten Regeln des Fachs.

Die DIN 18560 Teil 2; Absatz 5.1.3 bringt es eigentlich auf den Punkt:
Die Dämmschicht ist, falls erforderlich ,durch geeignete Maßnahmen vor Feuchte zu schützen. Solche Maßnahmen sind vom Planer bei der Bauwerksplanung festzulegen. Die Dämmschicht und ihre Abdichtung dürfen auch beim Einbau des Estrichs und gegebenenfalls der Heizelemente nicht, z.B durch Verwendung ungeeigneter Kniebretter (Steigbretter), in ihrer Funktionsfähigkeit beeinträchtigt werden.

Vielleicht sollte sich so mancher Estrichleger Gedanken machen, wieviel Löcher in Wärme- und Trittschalldämmung mit den Steigbrettern pro Quadratmeter gedrückt werden. Die Abdeckung eigentlich zum Schutz vor Feuchtigkeit der Dämmschicht angeordnet, wird dermaßen beschädigt das sie nur noch als Abrechnungsgrundlage für den Estrichleger existiert.

Durch den Einsatz von Glätt- oder Steigbrettern wird die Wirkungsweise einer Abdichtung bzw. Schutzschicht bei Fußbodenheizungselementen bis auf Null reduziert, Schallbrücken produziert und die Werte einer Wärmedämmung gemindert.

Ob für diese Arbeitsweise überhaupt ein Werklohnanspruch besteht wäre zu prüfen, denn diese erbrachte Leistung ist mit erheblichen Mängeln behaftet. Da es sich dabei um teilweise verdeckte Mängel handelt, würden sich auch die Gewährleistungsfristen auf 30 Jahre verlängern.

Denn mit Werkvertragsabschluß verpflichtet sich der Auftragnehmer, dass seine Bauleistung so hergestellt ist, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu den gewöhnlichen oder dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern.

Leider wird dieses Problem noch immer allzu sehr verharmlost. Anbieter der Zusatzmittelindustrie machen das Glätten mit Steigbrettern sogar zum Werbeslogan auf ihrer Titelseite.

Wegschauen ist das Eine – Hinweisen und Handeln durch Verantwortungsbewusstes Arbeiten das Andere.

Reinhard Wagner
Estrichlegermeister
Sachverständiger für Estricharbeiten

Zitierte Normen und Vorschriften:
DIN 18560 Estriche im Bauwesen
DIN 18202 Toleranzen im Hochbau
DIN 18353 (ATV) Estricharbeiten
Werner Pastor (Bauprozess)